Wochenkinder sind ehemalige
Wochenkrippen-
Wochenheim-
Kinder aus der DDR.


Die Wochenkrippen waren gesellschaftlich akzeptierte Kindesmisshandlung. Aus heutiger wissenschaftlicher Sicht ist klar, dass Wochenkrippen kein angemessener Ort zum Aufwachsen kleiner Kinder sind. In den ersten drei Lebensjahren haben Kinder nur eine begrenzte Kapazität, die Erinnerung an eine geliebte Beziehungsperson über eine längere zeitliche Trennung hinweg aufrecht zu erhalten. Im ersten Lebensjahr geht das nur wenige Stunden, im zweiten Lebensjahr wenige Tage. Das bedeutet, aus der Sicht der Kinder waren die Trennungen von ihren Eltern total, nach einer gewissen Zeit ohne Hoffnung auf Wiederkehr. Schon in den 1960er Jahren gab es erste Belege, die zeigten, dass Kleinkinder bei längeren Trennungen von ihren Eltern schwere Formen von Depressionen entwickeln können. Auch sind Bindungsstörungen, die sich in erheblichen Ängsten in Beziehungen äußern können, als Folge möglich. Frühe unangemessene Trennungen erhöhen das Risiko für spätere körperliche und seelische Erkrankungen.
Die frühen Bindungsbeziehungen prägen unser Verhalten und Erleben ein Leben lang. Wiederholte und langanhaltende Beziehungsabbrüche in der frühen Kindheit können zu einem unsicheren inneren Bindungsmodell im Erwachsenenalter führen, etwa durch eine ausgeprägte Angst vor Trennung oder der Furcht vor Nähe und Intimität. Die Ergebnisse unseres Forschungsprojekt zu den ehemaligen Wochenkrippenkindern zeigen dies eindrücklich. Gleichzeitig bleibt das innere Bindungsmodell ein Leben lang durch korrigierende Beziehungserfahrungen veränderbar– sei es in Freundschaften, Partnerschaft oder in einer gelingenden Therapie.
Gerade für die frühe Entwicklung im ersten Lebensjahr ist der Körperkontakt existenziell wichtig, um eine sichere Bindung aufzubauen. Das gleiche betrifft die kontinuierliche emotionale Nähe. Die resultierenden Mangelzustände sind in der Wochenkrippe besonders heftig. Durch die Krippenzeit sind sehr wahrscheinlich seelischen Narben entstanden, die weiter zu erforschen sind. Die frühe Mangelerfahrung zu spüren und in der therapeutischen Beziehung zu betrauern, ist ein anzustrebendes Ziel.